EMFV-Novelle 2024: Neue Anforderungen an den Arbeitsschutz in der Industrie
Mit der EMFV-Novelle 2024 erfahren die Verordnungen zum Schutz der Beschäftigten vor Gefährdungen durch elektromagnetische Felder (EMF) eine grundlegende Aktualisierung. Ziel dieser Novellierung ist es, den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen, technologischen Entwicklungen und Anforderungen des Arbeitsschutzes gerecht zu werden. Für Industrieunternehmen, Betreiber von Chemparks, Raffinerien oder Firmen mit explosionsgeschützten Bereichen ergeben sich daraus weitreichende Implikationen, insbesondere im Hinblick auf Arbeitsorganisation, Qualifikationsnachweise und Dokumentationspflichten.
Die neue EMFV (BGBl. I S. 901) tritt in unmittelbare Wechselwirkung mit bestehenden Regelwerken wie der DGUV Vorschrift 3 (ehemals BGV A3) zur elektrischen Sicherheit sowie einschlägigen Normen wie DIN VDE 0105-100 und IEC 60079, die den sicheren Betrieb elektrischer Anlagen und den Explosionsschutz regeln.
1. Organisation elektrischer Arbeiten – Neue Anforderungen und Verantwortlichkeiten
Die Novelle legt ein besonderes Augenmerk auf die Organisation elektrischer Arbeiten im betrieblichen Alltag. Industrieunternehmen sind verpflichtet, Gefährdungsbeurteilungen detailliert zu erstellen und regelmäßig zu aktualisieren. Bei Tätigkeiten im Bereich EMF müssen die bestehenden Verhältnisse vor Ort sorgfältig analysiert werden: Arbeitsplätze in der Nähe von Hochspannungsanlagen, Frequenzumrichtern, großen Antrieben oder Funkanlagen sind besonders im Fokus.
Eine zentrale Neuerung besteht darin, dass Arbeitgeber das Gefährdungspotenzial elektromagnetischer Felder für verschiedene Arbeitsplätze gemäß EMFV neu bewerten und geeignete Schutzmaßnahmen dokumentieren müssen. Besonders relevant wird dies in explosionsgeschützten Bereichen nach IEC 60079, wo bereits geringste Zündquellen erhebliche Risiken darstellen. Die Anpassung von Arbeitsanweisungen, eine engere Abstimmung mit Fachkräften für Arbeitssicherheit und – wo relevant – die Einbindung von externem Sachverstand werden zur rechtskonformen Umsetzung unerlässlich.
2. Sachkundenachweis und Qualifikationsanforderungen
Mit der EMFV-Novelle steigen die Anforderungen an die Qualifikation des Fachpersonals. Elektrische Arbeiten sowie die regelmäßigen Prüfungen nach DGUV Vorschrift 3 dürfen nur noch von nachweislich sachkundigem Personal durchgeführt werden. Sachkundenachweise gemäß aktueller Normung – etwa nach DIN VDE 0105-100 – sind zwingend zu führen und vorzuhalten.
Unternehmen müssen sicherstellen, dass sowohl eigene als auch externe Mitarbeitende regelmäßig geschult und auf dem aktuellen Stand der Technik sind. Dies betrifft insbesondere elektrotechnisch unterwiesene Personen, Fachkräfte für Explosionsschutz und Prüfpersonal. Die interne Dokumentation der Sachkunde und regelmäßige Nachweise im Sinne der EMFV sowie ergänzender Normen sind dabei wesentlicher Bestandteil der Sorgfaltspflichten des Arbeitgebers.
3. Pflichten bei Dokumentation und Risikobewertung
Zu den Kernelementen der EMFV-Novelle zählt die Verschärfung der Dokumentations- und Nachweispflichten. Neben einer initialen umfassenden Gefährdungsbeurteilung muss jede Veränderung im EMF-Umfeld, etwa durch Neuinstallationen, Umbauten oder geänderte Betriebsweisen, dokumentiert werden. Wesentliche Prüfreporte (z. B. nach DGUV Vorschrift 3), Wartungsnachweise, Nachweise der Sachkunde sowie Risikobewertungen sind jederzeit aktuell und prüffähig vorzuhalten.
Unternehmen sollten digitale Dokumentationssysteme prüfen und gegebenenfalls einführen, um allen Anforderungen effektiv und revisionssicher zu begegnen. Gleichzeitig bieten automatisierte Prozesse die Chance, Prüfintervalle effizient zu überwachen und den Gesamtaufsichtsaufwand zu reduzieren.
4. Chancen für Unternehmen durch die Gesetzesänderung
Neben obligatorischen Anpassungen bieten die Novellierung und die konsolidierten Anforderungen an Sicherheit und Qualifikation erhebliche Chancen für eine nachhaltige Organisationsentwicklung. Die konsequente Umsetzung der neuen Vorgaben stärkt die betriebliche Sicherheit, minimiert Haftungsrisiken und beugt Anlagenstillständen oder Regressansprüchen proaktiv vor. Darüber hinaus schafft eine transparente, normgerechte Dokumentation Wettbewerbsvorteile – insbesondere bei Ausschreibungen im Umfeld von DAX-Unternehmen, im Chemie- und Pharmabereich sowie für Betreiber komplexer Industrieanlagen.
Die frühzeitige und strukturierte Anpassung an die EMFV-Novelle signalisiert Kunden, Geschäftspartnern und Behörden ein hohes Maß an Professionalität und Verantwortungsbewusstsein. Unternehmen sind damit bestens aufgestellt, um die Herausforderungen des modernen Arbeitsschutzes im elektrotechnischen Bereich erfolgreich und zukunftsorientiert zu meistern.