CO2- und Kostensenkung in Industrie und Chemie: Energiemonitoring, EMSR-Lastmanagement, Schaltschrankbau und Retrofit
Aktuelle CO2-Ziele lassen sich ohne valide Datenbasis kaum erreichen. Der größte kurzfristige Hebel liegt deshalb im strukturierten Energiemonitoring und einem EMSR-gestützten Lastmanagement, das Produktion und Werkslogistik gleichermaßen berücksichtigt.
Messkonzepte und Zählerplätze: Beginnen Sie mit einem abgestuften Messkonzept. Neben Hauptzählern (Strom, Gas, Dampf, Druckluft) sind Unterzähler an wesentlichen Verbrauchern (Antriebe, HVAC, Kälte, Druckluft, Ladepunkte, Prozesswärme) entscheidend. In Werkshallen, Tankfeldern und Verladestationen gehören Messpunkte in Ex-Bereichen in druckfesten oder eigensicheren Ausführungen (z. B. Ex i) geplant.
Datenanbindung und Integration: Nutzen Sie skalierbare Kommunikationsschnittstellen (Modbus/TCP, Profinet, OPC UA) sowie Gateways zur sicheren Anbindung an übergeordnete Leitsysteme, Energiemanagementsysteme (z. B. ISO 50001) oder Cloud-Dashboards. Achten Sie auf Zeitstempelung (NTP/PTP), Redundanzen und Datenqualität (Plausibilisierung, Gap-Filling).
Lastspitzenreduktion: Mithilfe von Lastvorhersagen (z. B. auf Basis historischer Profile und Produktionsplänen) steuert ein Lastmanagement nicht-kritische Verbraucher (Pufferantriebe, Ladepunkte, Nebenaggregate) flexibel, um Spitzen zu kappen. Peak Shaving lässt sich zusätzlich durch Speichersysteme oder den vorausschauenden Einsatz von Kälte- und Druckluftpuffern unterstützen.
Werkslogistik: Ladetechnik für Flurförderzeuge, Terminal-Traktoren oder Werksbusse wird in das Lastmanagement integriert. Ladefenster werden verschoben, Ladeleistungen geregelt (dynamische Limitierung), um Netzanschluss und Trafo nicht zu überfahren.
Checkliste Monitoring und Lastmanagement:
Messstellenliste mit Priorisierung nach Energierelevanz und ATEX-Zone erstellen
Zählerplätze normkonform auslegen (z. B. VDE 0418, VDE 0100) und kalibrierfähige Messgeräte vorsehen
Kommunikationsarchitektur festlegen (Segmentierung, Protokolle, IT/OT-Security)
EMSR-Funktionsplan für Lastmanagement (Freigaben, Sperren, Prioritäten) definieren
Pilotbereich auswählen, Baseline bilden, Einsparziele und KPI (z. B. kWh/Tonne, Lastspitzen €/a) festlegen
Konkrete Umsetzungsschritte (0–90 Tage):
KW 1–2: Begehung, Verbraucher-Mapping, vorläufiges Messkonzept
KW 3–6: Zählerplätze aufbauen, Messdatenerfassung aktivieren, Datenqualität prüfen
KW 7–10: Lastmanagement-Strategie parametrieren, Testbetrieb (Soft-Limits)
KW 11–12: Überführung in Regelbetrieb, Reporting und Alarmierung aktivieren
2) Elektromontagen und Schaltschrankbau für Lade- und Antriebstechnik: Dimensionierung, Schutz und Kommunikation
CO2-Reduktion gelingt nur, wenn elektrische Infrastruktur und Steuerung reibungslos zusammenspielen. Saubere Dimensionierung, Schutzkonzepte und interoperable Schnittstellen sind die Grundlage für Effizienz und Verfügbarkeit.
Dimensionierung: Einspeisungen, Verteiler, Leitungsquerschnitte und Schutzorgane werden auf reale Lastprofile und gleichzeitig auftretende Verbraucher ausgelegt. Für Ladeinfrastruktur (AC/DC) ist die Skalierbarkeit (Reserve für künftige Ladepunkte oder höhere C-Raten) entscheidend. In Bestandanlagen hilft ein selektives Nachrüsten mit Messwandlern und Power-Quality-Analysatoren, um Netzrückwirkungen frühzeitig zu erkennen.
Schutzkonzepte: Selektivität und Kurzschlussfestigkeit sind Pflicht, ebenso Fehlerlichtbogenschutz und Erdungskonzepte speziell für Außenflächen und Verladestationen. Für Ex-Bereiche werden geeignete Betriebsmittel und Zündschutzarten gewählt. Überspannungs-Schutzeinrichtungen (SPD Typ 1–3) sind abgestuft zu installieren, Blitzschutz wird objektbezogen ausgelegt.
Schaltschrankbau: Schaltschränke nach IEC/EN 61439 mit thermischer Auslegung und ausreichenden Reserven verlängern die Lebensdauer und reduzieren Ausfälle. Für Lade- und Antriebsanlagen werden Kommunikationskomponenten (OCPP, Ethernet, Feldbus) sauber getrennt und EMV-gerecht verdrahtet. Dokumentation, Klemmenkennzeichnung und Prüfprotokolle beschleunigen späteren Service.
Kommunikationsschnittstellen: Offene Protokolle und standardisierte Schnittstellen (z. B. OCPP für Ladepunkte, OPC UA für Energiedaten, Profinet/Profisafe für Safety-Signale) stellen Interoperabilität sicher. In kritischen Anlagen sind Redundanz (Ring-Topologien, PRP/HSR) und Netzwerksegmentierung (Zonen/Conduits) zu berücksichtigen.
Checkliste Elektromontagen und Schaltschrankbau:
Lastfluss- und Kurzschlussberechnung, Selektivitäts- und Schutzkonzept erstellen
EMV- und Power-Quality-Anforderungen prüfen (Oberschwingungen, Flicker, cos φ)
Schaltgerätekombinationen nach IEC/EN 61439 auslegen, Wärmehaushalt simulieren
Kommunikationsmatrix definieren (Systemgrenzen, Protokolle, Redundanzen)
Werksabnahme (FAT) und vor-Ort-Abnahme (SAT) mit Prüfprotokollen planen
Konkrete Umsetzungsschritte (0–120 Tage):
Engineering: Stromlaufpläne, Stücklisten, Funktionsbeschreibungen, Risikoanalyse
Fertigung/Prüfung: Schaltschrankbau inkl. Routineprüfungen, Etikettierung, Dokumentation
Montage/Inbetriebnahme: Verdrahtung, Parametrierung, Kommunikationstest, Schulung
3) Retrofit von Antrieben und Nebenaggregaten: Frequenzumrichter, Softstarter und Effizienzklassen
Gerade in Bestandsanlagen liegen erhebliche Einsparpotenziale in Pumpen, Lüftern, Kompressoren und Förderern. Ein zielgerichtetes Retrofit senkt Verbrauch und CO2-Emissionen, ohne den Prozess zu gefährden.
Frequenzumrichter (FU): Drehzahlvariable Regelung passt die Leistung an den tatsächlichen Bedarf an. Bei Quadratiklasten (Ventilatoren, Pumpen) ergeben sich oft zweistellige Prozent-Einsparungen. Moderne FU unterstützen Energiemonitoring, Sanftanlauf, Rückspeisung und kommunizieren über Feldbusse oder Ethernet.
Softstarter: Reduzieren Einschaltströme, schonen Mechanik und Netz. Sie sind eine schlanke Alternative, wenn keine variable Drehzahl benötigt wird, aber Netzeinfluss und Verschleiß reduziert werden sollen.
Effizienzklassen und Motorentausch: Der Umstieg auf energieeffiziente Motoren (z. B. IE3/IE4) in Kombination mit optimierten Getrieben und gut ausgerichteter Mechanik steigert den Gesamtwirkungsgrad. Bei kritischen Anwendungen lohnt eine Systembetrachtung (Motor + FU + Applikation).
Nebenaggregate: Druckluft ist ein Kostentreiber. Drehzahlgeregelte Kompressoren, leckagearmes Netz, Wärmerückgewinnung und bedarfsgerechte Steuerung liefern schnelle Effekte. Gleiches gilt für Kühlwasserpumpen, Kälteanlagen und HVAC.
Checkliste Retrofit:
Verbraucher nach Laufzeit, Lastprofil und Kritikalität priorisieren
Energie- und Zustandsdaten erfassen (Baseline), Einsparpotenziale quantifizieren
Auswahl FU/Softstarter/Motor, EMV-Konzept, Netzverträglichkeit, Brems-/Rückspeisebedarf
Mechanische Schnittstellen prüfen (Kupplungen, Fundamente, Ausrichtung)
Sicherheitsbetrachtung (SIL/PL, Safe Torque Off, Verriegelungen) integrieren
Konkrete Umsetzungsschritte (0–180 Tage):
Pilotanlage auswählen, Variantenvergleich (TCO, CO2, Verfügbarkeit)
Prototypische Umrüstung im geplanten Stillstand, Messung Vor/Nach
Rollout-Plan mit Stückzahlen, Lieferketten, Ersatzteil- und Ersatzkonzept abstimmen
4) Sicherheit und Compliance: DGUV Vorschrift 3, Explosionsschutz, Blitz- und Überspannungsschutz
CO2- und Kosteneinsparungen dürfen nie zulasten der Sicherheit gehen. Umbauten erfordern eine saubere, normkonforme Abnahme und regelmäßige Prüfungen.
DGUV Vorschrift 3: Nach jeder Änderung oder Erweiterung sind Schutzmaßnahmen zu prüfen und zu dokumentieren (Sichtprüfung, Erprobung, Messungen). Wiederholungsprüfungen sichern den Betrieb und erfüllen Versicherungsvorgaben.
Explosionsschutz: In gefährdeten Bereichen gelten BetrSichV, Gefährdungsbeurteilung und Zoneneinteilung. Geräte und Installationen müssen für die jeweilige Zone geeignet sein (z. B. ATEX-konform, passende Zündschutzart). Steuerungs- und Messkreise werden zündquellenfrei geplant (z. B. eigensichere Trennbarrieren, galvanische Trennungen).
Blitz- und Überspannungsschutz: Für Außenflächen, Tanklager und Verladestationen sind normgerechte äußere Blitzschutzsysteme sowie ein abgestuftes inneres Überspannungsschutzkonzept erforderlich. Neben Personenschutz steht die Verfügbarkeit im Fokus, insbesondere bei EMSR, IT/OT-Netzen und Ladeinfrastruktur.
Dokumentation und Nachweisführung: Schaltpläne, Explosionsschutzdokumente, Prüfprotokolle, Erdungs- und Potentialausgleichspläne sowie Instandhaltungsintervalle sind vollständig und aktuell zu halten.
Checkliste Sicherheit und Compliance:
Gefährdungsbeurteilung aktualisieren (inkl. Ex-Zonen und Schutzbereiche)
Prüf- und Wartungspläne festlegen (DGUV V3, Blitzschutz, RCD/AFDD, SPD)
Ex-Gerätekennzeichnung, Zertifikate, Konformitätserklärungen prüfen
Erdung, Potentialausgleich, Schirmkonzepte und Trennstellen dokumentieren
Betreiber- und Instandhalter-Schulungen planen, Freigabeprozesse definieren
Konkrete Umsetzungsschritte (laufend):
Nach jedem Umbau: Prüfung nach DGUV V3, Anpassen der Ex-Dokumentation
Jährlich: Blitzschutz-Inspektion, Sicht- und Funktionsprüfungen
Zyklisch: Wiederholungsprüfungen, Thermografie, Power-Quality-Audits
5) Projektvorgehen in der Region Bonn–Krefeld: Von der Bestandsaufnahme bis zur Abrechnung
Entlang der Niederrheinschiene von Bonn bis Krefeld sind Netz- und Flächengegebenheiten, Genehmigungswege und Betriebsanforderungen bekannt – ein Vorteil für schnelle, sichere Umsetzungen. Schaltschrankbau und Engineering können zudem im gesamten deutschsprachigen Raum umgesetzt werden.
Bestandsaufnahme: Gemeinsame Begehung von Produktionsbereichen, Außenanlagen, Tankfeldern und Verladestellen. Erfassung der Verbraucher, Messstellen, ATEX-Zonen, Netztopologie, Transformatorleistungen, Schutz- und Kommunikationsstrukturen.
Netz- und Trafokapazitäten: Prüfung von Kurzschlussleistung, Selektivität, Blindleistung und Power Quality. Bei Ladeinfrastruktur oder großen Antrieben erfolgt die Anmeldung beim Netzbetreiber inkl. Netzverträglichkeitsprüfung. Optionen zur Netzentlastung (Lastmanagement, Speicher, Blindleistungskompensation) werden bewertet.
Genehmigungen und Schnittstellen: Abstimmung mit Betreiber, Werksicherheit, Brandschutz, Ex-Schutz-Beauftragten und Netzbetreiber. Bei Logistikprojekten Einbindung der Flottensteuerung und IT/OT-Security.
Realisierung und Inbetriebnahme: Vorfertigung im Schaltschrankbau (FAT), vor-Ort-Montage und Prüfung (SAT), dokumentierte Inbetriebnahme mit Funktions- und Sicherheitsnachweisen sowie Übergabe der digitalen Dokumentation.
Abrechnung und Prozesse: Je nach Kundenanforderung erfolgt die Abrechnung klassisch per Rechnung oder über kundenseitige Systeme. Laufende Services (Wartung, DGUV V3, Thermografie, Updates) werden in Servicevereinbarungen fixiert.
Zusammenarbeit: Als seit mehreren Jahrzehnten tätiges, familiengeführtes Unternehmen in dritter Generation mit enger Bindung an Industrie- und DAX-Kunden liegt der Fokus auf Betriebssicherheit, Verfügbarkeit und messbaren Einsparungen. Vertrautheit mit Werksvorschriften, Ex-Schutz und Leitsystemen beschleunigt Projekte und minimiert Stillstände.
Checkliste Projektdurchführung:
Ziele definieren: CO2- und Energiekosten-Ziele, KPIs, Budget, Zeitplan
Stakeholder festlegen: Produktion, Instandhaltung, HSE/Ex-Schutz, IT/OT, Einkauf, Netzbetreiber
Technische Basis: Messkonzept, Netz-/Trafoanalyse, Schutz- und Kommunikationsdesign
Umsetzung planen: Meilensteine, Stillstandsfenster, FAT/SAT, Schulungen, Notfallkonzept
Betrieb sichern: Prüf- und Wartungsplan, Monitoring, Reporting, kontinuierliche Optimierung
Konkrete Umsetzungsschritte (Roadmap 6–12 Monate):
Phase 1: Transparenz schaffen (Monitoring, Baseline, Quick-Wins im Lastmanagement)
Phase 2: Infrastruktur ertüchtigen (Schaltschrankbau, Schutzkonzepte, Lade- und Antriebstechnik)
Phase 3: Retrofit-Rollout (FU/Softstarter, Motoren, Nebenaggregate, PQ-Optimierung)
Phase 4: Verstetigung (DGUV V3, Ex-Schutz-Review, Blitz-/Überspannungsschutz, KPI-Review)
Fazit für Betreiber von Industrieanlagen, Chemparks, Raffinerien sowie Pharma- und Chemieunternehmen: Mit einem strukturierten, normkonformen Vorgehen in der Elektrotechnik – von Monitoring und Lastmanagement über Schaltschrankbau und Retrofit bis zu Sicherheit und Compliance – lassen sich CO2-Emissionen und Energiekosten schnell und nachhaltig senken, ohne Kompromisse bei Betriebssicherheit und Verfügbarkeit einzugehen.