DGUV V3 auditsichere Prüfungen in Chemie, Pharma und Raffinerien: risikobasierte Strategie, Ex-Compliance und minimale Stillstandszeiten entlang der Niederrheinschiene

Für Betreiber entlang der Niederrheinschiene von Bonn bis Krefeld – inklusive Chemparks wie Dormagen und Krefeld-Uerdingen sowie Raffineriestandorte in Wesseling/Godorf – gilt: Auditsichere DGUV V3-Prüfungen sind kein Nice-to-have, sondern integraler Bestandteil der Anlagensicherheit und Betriebsfähigkeit. Rechts- und Normenbasis sind insbesondere:

- DGUV Vorschrift 3 (ehem. BGV A3): Verpflichtung zur Prüfung elektrischer Anlagen und Betriebsmittel.

- DIN VDE 0105-100 (Betrieb von elektrischen Anlagen), inkl. Festlegungen zu wiederkehrenden Prüfungen im laufenden Betrieb.

- DIN VDE 0100-600 (Erstprüfung), DIN VDE 0701-0702 (Wiederholungsprüfung ortsveränderlicher Betriebsmittel).

- DIN EN 60204-1 (VDE 0113-1) für Maschinen, DIN EN 61439 (VDE 0660-600) für Schaltgerätekombinationen.

- ATEX- und Explosionsschutz: BetrSichV und Gefährdungsbeurteilung, DIN EN 60079-14 (Errichten) und DIN EN 60079-17 (Prüfung/Instandhaltung) für Geräte und Installationen in Ex-Zonen.

- TRBS 1201 (Prüfungen) und TRBS 1203 (Befähigte Personen) als organisatorische Leitplanken.

In der Praxis heißt das: Prüfungen erfolgen durch befähigte Personen mit dokumentierter Qualifikation, auf Basis einer Gefährdungsbeurteilung, mit normgerechten Messverfahren und kalibrierten Messmitteln. In Ex- und Prozessumgebungen kommen zusätzlich Freigabe-, LOTO- und Permit-to-Work-Prozesse sowie gasfrei-Messungen hinzu. Die Herausforderung besteht darin, diese Anforderungen so zu verzahnen, dass Produktion, Arbeitssicherheit und Auditsicherheit gleichermaßen gewährleistet werden – idealerweise mit minimalen Stillstandszeiten.

Risikobasierte Prüfstrategie und Verzahnung mit Turnarounds/Shutdowns

Eine risikobasierte Prüfstrategie verbindet normative Mindestanforderungen mit anlagen- und standortspezifischen Risiken. Ziel ist, Prüfressourcen dort zu konzentrieren, wo das Gefahrenpotenzial und der Business Impact am höchsten sind – und gleichwohl die gesetzlich geforderten Prüfungen vollständig und fristgerecht zu erbringen.

Kernelemente einer risikobasierten Strategie:

- Asset-Klassifizierung und Kritikalität: Unterscheiden Sie zwischen ortsfesten Anlagen, Schaltgerätekombinationen, Maschinen, USV/Notstrom, Not- und Sicherheitsbeleuchtung, EMSR/Ex-Feldgeräten sowie ortsveränderlichen Betriebsmitteln. Berücksichtigen Sie Ex-Zonen, Temperaturklassen, Gas-/Staubgruppe, Umgebungseinflüsse (Chemikalien, Feuchte, Korrosion) und Produktionskritikalität.

- Prüfintervall nach Risiko: Legen Sie Intervalle gemäß VDE/ATEX fest und justieren Sie sie anhand von Ausfallhistorie, Mängelquote und Einsatzbedingungen. Beispiel: Geräte im rauen 24/7-Schichtbetrieb oder in Zone 1 kürzer, Bürogeräte länger. Ex-Anlagen typischerweise mit abgestuften visuellen/nahen/detaillierten Prüfungen nach EN 60079-17.

- Zustandsorientierte Bausteine: Ergänzen Sie zeitbasierte Prüfungen durch Condition Monitoring (Thermografie, Schwingung, Isolationsmonitoring, RCD-Autotest), um Wartungsfenster planbar zu machen und ungeplante Stillstände zu vermeiden.

- Kompetenzen und Rollen: Definieren Sie die verantwortliche Elektrofachkraft (VEFK), die befähigten Personen und die Freigabeinstanzen (Betrieb, Instandhaltung E/MSR, HSE, Explosionsschutzbeauftragte).

Verzahnung mit Turnarounds/Shutdowns:

- TAR-Backbone: Platzieren Sie detaillierte, anlagenseitige Prüfungen (z. B. Ausschalt- und Funktionsprüfungen an Schaltanlagen, Isolationsmessungen an Verteilungen, detaillierte Ex-Inspektionen) im Turnaround. Nutzen Sie die Anlagenstillstände für intrusive Prüfungen, die im Betrieb nicht möglich sind.

- Rolling Prüf-Cluster: Ziehen Sie risikoärmere und nicht-intrusive Prüfungen vor (z. B. ortsveränderliche Betriebsmittel, visuelle Ex-Checks, RCD-Tests, Notbeleuchtung) in Neben- und Nachtschichten oder während Produktionswechseln. So bleibt die TAR-Phase für kritische Umfänge frei.

- Micro-Windowing: Stimmen Sie mit Produktion und Leitwarte kurze, definierte Freischaltungen von Teilkreisen ab (z. B. redundante Stränge A/B, Pumpen im Duplexbetrieb), um Messungen ohne Produktionsstillstand zu ermöglichen.

- Material- und Permit-Readiness: Vorabbegehungen, klare Sperr-/Schaltanweisungen, LOTO-Pläne, Gasfreigaben, Messmittel- und Ersatzteilbereitstellung verhindern Leerlauf im Shutdown.

Mit dieser Ablaufarchitektur sinken die Stillstandszeiten, während Prüfquote und Auditsicherheit steigen. In Chemparks zwischen Bonn und Krefeld hat sich insbesondere die Kombination aus Vorabdatenerhebung, digitaler Prüfplanung und mehrschichtiger Abarbeitung bewährt.

Best Practices, typische Abweichungen und Ex-Anforderungen inkl. Dokumentation/Freigaben

Erprobte Best Practices aus Chemie, Pharma und Raffinerien:

- Datenhoheit vor Start: Vollständige Asset-Register (inkl. Ex-Kennzeichnung, Zonen, Kategorien, Schutzklassen, Seriennummern) sind der stärkste Hebel für Effizienz. QR-/Barcode-Identifikation beschleunigt die Wiedererkennung im Feld.

- Standardisierte Prüfpläne: Normkonforme, versionierte Prüfpläne pro Anlagenklasse mit hinterlegten Grenzwerten und Messverfahren reduzieren Interpretationsspielräume und Auditfindings.

- Kalibrierte Messmittel: Rückführbare Kalibrierzertifikate und Prüfmitteldatenbank; Sperre abgelaufener Kalibrierungen in der Einsatzplanung.

- Digitale Protokollierung: Mobile Erfassung mit Plausibilitätsprüfungen, Pflichtfeldern (z. B. Messmethode, Umgebung, Freigaben), Fotodokumentation und elektronischer Signatur. Direkte Synchronisation in SAP PM/Maximo reduziert Medienbrüche.

- Enges Stakeholder-Management: Tägliche Shopfloor-Meetings im TAR, Leitwarteneinbindung, HSE-Beteiligung bei Ex-Themen, klare Eskalationspfade.

Typische Abweichungen – und wie Sie sie vermeiden:

- Fehlende oder unklare Gerätekennzeichnung: Abhilfe durch eindeutige Asset-IDs mit Standort-/Zonenbezug; Nachkennzeichnung im Zuge der Prüfung.

- Nicht nachvollziehbare Messprotokolle: Immer Messverfahren, Grenzwerte, Messpunkte, Umgebungsbedingungen und Seriennummern dokumentieren; Grenzwertverletzungen mit Maßnahmen und Fristen versehen.

- RCD-Prüfungen unvollständig: Prüfstrom und Auslösezeit gemäß VDE dokumentieren; selektive/zeitverzögerte RCDs (Typ S) korrekt handhaben; Schutz betriebswichtiger Verbraucher durch redundante Versorgung/Dummy-Last bei Tests sicherstellen.

- Schutzleiter-/Isolationswerte außerhalb Grenzwert: Korrosions- und Feuchtehotspots identifizieren; reaktive Maßnahmen (z. B. Klemmen nachziehen, Austausch) mit Freigabe dokumentieren.

- Unzulässige Anlagenänderungen: Nachträgliche Modifikationen an Schaltgerätekombinationen ohne Konformitätsbewertung nach EN 61439 vermeiden; jede Änderung dokumentieren und prüfen.

- Ex-spezifische Mängel: Beschädigte Dichtungen/Kabelverschraubungen, falsche Temperaturklassen, fehlende Eigensicherheitsnachweise, unzulässige Öffnungen. Abhilfe: Inspektionsroutine gem. EN 60079-17 mit gestuftem Umfang (visuell/nah/detailliert) und systematischer Befundklassifizierung.

Ex-Zonen: Dokumentations- und Freigabeprozesse

- Explosionsschutzdokument: Aktuell und mit Anlagen-/Zonenbezug; jede Veränderung an Gerät/Installation ist nachzuführen.

- Gerätekonformität: ATEX-Kennzeichnung, Zündschutzart, Temperaturklasse, Gas-/Staubgruppe, EPL; Konformitäts- und ggf. Baumusterprüfbescheinigungen hinterlegen.

- Inspektionsberichte: Gliederung nach Zone, Gerät, Inspektionsart; eindeutige Bewertung (z. B. A/B/C-Funde), Maßnahmen, Verantwortliche, Fristen; Fotobelege.

- Freigaben: Permit-to-Work, LOTO, Gasfrei-Messung/Hot-Work-Permit, elektrische Schaltfreigaben; Protokollierung mit Uhrzeit, Verantwortliche, Auflagen.

- Traceability: Versionsgesicherte Prüfpläne, Messmittelkalibrierungen, elektronische Signaturen – essenziell für Audits durch Behörden, Zertifizierer und Konzernrevision.

Nahtlose Einbindung in Kundensysteme und praxisorientierte Checkliste

Planung, Terminierung und Abrechnung müssen sich in Ihre IT-Landschaft fügen, nicht umgekehrt. Entlang der Niederrheinschiene haben sich folgende Integrationsmuster bewährt:

- Terminierung und Auftragsabwicklung: Direkte Arbeit mit SAP PM/ERP, IBM Maximo oder vergleichbaren EAM-Systemen; Übernahme von Equipments/Functional Locations, Auftrags- und Operationsstrukturen, Prioritäten und Sperrkennzeichen.

- Zutritt und Compliance: Schulungs- und Sicherheitsnachweise in Betreiberportalen (z. B. EHS, Werksausweise), Slot-Buchungen, Begleitregeln – alles vor Arbeitsbeginn geklärt.

- Dokumentation: Upload von Messprotokollen im Kundenformat (PDF/CSV/XML), Datenrückschreibung ins EAM, Kennzeichnung erledigter Prüflose, Mangelreports mit CAPA-Workflows.

- Abrechnung: Rahmenverträge, Bestellabrufe, elektronische Abrechnung (z. B. via EDI, Ariba/Coupa), Kontierung nach Kostenstelle/Anlagenkonten; bei Bedarf kombinierte Stundennachweise und Festpreispakete (z. B. pro Assetklasse).

- Schaltschrankbau-Durchgriff: Für Umbauten/Retrofits im Zuge von Findings sind Konformitätsnachweise (EN 61439) und Werksprüfungen nahtlos anbindbar – bundesweit im gesamten DACH-Raum.

Checkliste: Anlagenklassen, Prüfintervalle, Messprotokolle, KPIs

- Anlagenklassen (Beispiele)

- Ortsfeste elektrische Anlagen/Verteilungen, Niederspannungs-Schaltgerätekombinationen

- Maschinen und Antriebe (EN 60204-1), Frequenzumrichter, Motorstarter

- RCD/Schutzmaßnahmen, Erdungs- und Potentialausgleichssysteme

- USV/Notstrom, Sicherheits- und Notbeleuchtung

- EMSR: Messumformer, Analysatoren, Stellventile, Ex-i-Kreise, Trennbarrieren

- Ortsveränderliche Betriebsmittel (Laborgeräte, Handwerkzeuge)

- Ex-Geräte in Gas (Zonen 1/2) und Staub (Zonen 21/22)

- Prüfintervalle (Richtwerte/Spannen, durch VEFK risikobasiert festzulegen)

- Ortsveränderliche Betriebsmittel: 6–24 Monate je Einsatzumgebung/Nutzungsintensität

- RCD: Funktionsprüfung z. B. halbjährlich bis jährlich; dokumentierte Auslösezeit/-strom

- Ortsfeste Anlagen/Schaltanlagen: 1–4 Jahre, abhängig von Beanspruchung/Umgebung

- Maschinen: 1–3 Jahre zzgl. Funktionsprüfungen nach Änderungen/Instandsetzung

- Notbeleuchtung: Funktion monatlich, Autonomie/Jahresprobe jährlich

- Ex-Installationen: visuell 6–12 Monate, nah 1–3 Jahre, detailliert 3–6 Jahre – je nach Zone/Risiko

- Thermografie/Condition Monitoring: 6–12 Monate bei kritischen Abgängen/Lastzentren

- Messprotokolle (Mindestinhalte)

- Asset-ID, Standort, Zone/Kategorie (bei Ex), Schutzklasse, Nennwerte

- Messverfahren und Normbezug, Messmittel-ID inkl. Kalibrierstatus

- Schutzleiterwiderstand, Isolationswiderstand, Schleifenimpedanz/Ik, RCD-Auslösetest

- Funktionsprüfungen (Drehfeld, Not-Aus, Verriegelungen, USV-Übernahme)

- Ex-spezifisch: ATEX-Kennzeichnung, Zündschutzart, T-Klasse, IP, Kabelverschraubungen, Dichtungen, Eigensicherheitsnachweis

- Bewertung (i. O./n. i. O.), Maßnahmen, Verantwortliche, Fristen, Signaturen

- KPIs zur Steuerung und Auditfähigkeit

- Prüfquote (%) je Anlagenklasse/Zone vs. Plan

- Mängelquote und Schweregradverteilung; Erstbehebungsquote

- Wiederanlaufzeit/MTTR je Teilanlage; Anteil Prüfungen ohne Produktionsimpact

- Termintreue (%) und Anteil fristgerecht dokumentierter Prüfungen

- Audit-Findings (NCRs) pro Audit; Anteil kalibrierter Messmittel im Einsatz

- CAPA-Durchlaufzeit von Befund bis Wirksamkeitskontrolle

Fazit in der Praxis: Wenn Sie DGUV V3 und die relevanten VDE-/ATEX-Anforderungen in eine risikobasierte, digital gestützte Prüfarchitektur überführen, die eng mit Turnarounds und Micro-Wartungsfenstern verzahnt ist, erreichen Sie drei Ziele gleichzeitig: rechtssichere Audits, hohe Anlagensicherheit und minimale Stillstandszeiten. Entlang der Region Bonn–Krefeld zeigt sich, dass insbesondere eine saubere Datenbasis, standardisierte Prüfpläne, kalibrierte Messmittel und die tiefe Integration in kundenseitige Systeme die entscheidenden Hebel sind – vom Chempark bis zur Raffinerie.

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EGT-Kompetenz in Chemie, Pharma und Raffinerie: Verfügbarkeit, Compliance und Schaltschrankbau